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Das Geheimnis der blauen Schachtel oder „Wie plündert man eine mikrobielle Schatzkiste“?

Fotos: HIPS / Bernhardt

Im Grunde genommen trifft es „plündern“ nicht wirklich – denn schließlich sind wir im Projekt MICROBELIX ja nicht als Bio-Pirat*innen unterwegs, die sich wahllos alles aneignen wollen was im Boden zu finden ist. Das Ziel ist vielmehr, zu entdecken welche überwältigende Artenvielfalt die Natur im Erdreich hervorgebracht hat, und darüber zu staunen wie viele einzigartige Mikroorganismen sich darunter befinden. Und schließlich geht es eben auch darum, unter den Bodenbakterien diejenigen herauszupicken, die wegen ihrer ganz speziellen Fähigkeiten für uns als Menschen wertvoll sein könnten: indem sie neuartige Naturstoffe produzieren, die zu Medikamenten weiterentwickelt werden können. Der mikrobiologische Schatz, der im Boden verborgen liegt!

Der Schlüssel um als Bürgerwissenschaftler*in einen neugierigen Blick in die mikrobielle Schatzkiste zu werfen befindet sich gewissermaßen in den kleinen blauen Schachteln, die im Projekt MICROBELIX an alle Interessierten verteilt werden und wahlweise als „Probensammel-Set“ oder auch „Probenkit“ bezeichnet werden. Man kann sie ganz einfach über die Webseite kostenlos bestellen (http://www.microbelix.de) und natürlich gibt es sie auch immer bei vor-Ort Aktionen wie z.B. dem MICROBELIX Pop-up Labor draußen im Grünen, wo man der natürlichen Biodiversität die für dieses Projekt so wichtig ist schon spürbar nahe ist.

Foto: HIPS / Bernhardt

Wie funktioniert also dieses Probenkit? 

Im Prinzip steht es schon außen auf der Schachtel in Kurzform drauf: „Hilf‘ uns Erde zu sammeln, um neue Bodenbakterien zu finden“. Es geht darum, eine Bodenprobe, gewissermaßen wie eine Kostprobe aus der Schatzkiste, sicher ins Labor zu bringen, möglichst ohne dabei die Fundstelle zu beschädigen. Das steht extra als Hinweis im Deckel, wenn man die Probenkit-Schachtel öffnet: auf der Jagd nach der ganz besonderen Bodenprobe bitte immer Rücksicht auf die natürliche Umgebung nehmen, die neben den gesuchten Bodenbakterien schließlich meistens auch noch Lebensraum für Pflanzen und allerlei andere Lebensformen ist. Glücklicherweise ist es auch gar nicht nötig, den Waldboden oder ein Sumpfgebiet wie bei einer Schatzsuche regelrecht umzugraben – wenige Löffel Erde genügen bereits. Was aussieht wie ein Nachtischlöffel aus blauem Kunststoff ist dabei tatsächlich das wichtigste Werkzeug im Probenkit: extra sauber hergestellt und einzeln steril verpackt, sorgt der Probenlöffel dafür, dass nur ins MICROBELIX-Labor kommt was wirklich im Boden war. 
Deswegen auch genau darauf achten, den Löffel beim rausnehmen aus der Verpackung nicht am vorderen Ende mit den Fingern zu berühren. Womit wir auch gleich beim Thema Handschuhe sind: die liegen in verschiedenen Größen in der Schachtel und seit dieser Probensammel-Saison ist es besonders wichtig, sie vor der Probennahme überzuziehen. Denn im Labor verwenden die HIPS-Forscher*innen später empfindliche DNA-basierte Analyseverfahren, um Spuren von Mikroorganismen aufzunehmen – und das sollten dann möglichst nicht die Bakterien sein, die wir alle jederzeit auf der Hautoberfläche mit uns herumtragen.

Foto: HIPS / BernhardtFoto: HIPS / Bernhardt

 

 

 

 

 

 

Ist die Bodenprobe dann also ohne Kontamination auf dem Löffel, muss sie nur noch sicher in den kleinen Probenbeutel befördert werden. Der ist mit einer eindeutigen Probenkennung bedruckt und in jeder Schachtel sind tatsächlich zwei davon. Sie sind dafür gedacht, Bodenproben von zwei verschiedenen Stellen zu nehmen. Die müssen dabei gar nicht sehr weit voneinander entfernt sein: schließlich sind für die nur wenige Mikrometer großen Bodenbakterien bereits einige dutzend Meter wie eine Weltreise. Sinnvoll ist es aber durchaus, wenn die gewählten Stellen – als Bodenprobe-Experte nennt man sie „Habitate“ – deutlich unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, wie beispielsweise Waldboden im Vergleich zum sumpfigen Rand eines Gewässers. Denn das erhöht die Chancen, darin sehr unterschiedliche Bakterienarten zu finden, die sich auf ein bestimmtes Habitat spezialisiert haben. Das ist alles auch nochmal in der zusammengefalteten Anleitung erklärt, die jedem Probenkit beiliegt. Darauf befindet sich übrigens auch die individuelle Forscherkennung mit PIN-Nummer, die man nutzt um Informationen über die Bodenprobe ans MICROBELIX-Labor zu übermitteln.

Foto: HIPS / Bernhardt

Denn das ist ganz wichtig: am besten immer gleich nach der Probennahme die Bodenprobe in der MICROBELIX-Datenbank registrieren, damit wir wissen was ihr uns schickt und von wo genau. Dafür kann man einfach mit dem Smartphone den QR-Code scannen, der auf jedem Probenbeutel aufgedruckt ist, oder die Webseite besuchen. Zugegeben, dafür braucht es Handyempfang, was nicht immer an allen Stellen draußen in der freien Natur gegeben ist (das wird sich übrigens mit der neuen MICROBELIX-App verbessern, die derzeit in Entwicklung ist). Notfalls kann man die Bodenproben-Registrierung auch nachträglich zu Hause am Computer erledigen, und auf der Karte den passenden Ort aus der Erinnerung anklicken. Und falls alle digitalen Methoden versagen, liegen dem Probenkit noch ganz klassisch ein Stift und Notizzettel bei, um den Probenort und die Details der Bodenprobe einfach schriftlich zu vermerken. Der Transport der Bodenproben ins Labor auf dem Postweg klappt übrigens besonders einfach und kostenlos in der blauen Schachtel – Porto zahlt Empfänger. Am besten die Schachtel aber vor dem einwerfen in den Briefkasten zukleben; tatsächlich ist dafür der blaue Sticker mit dem passenden Motto „Ab ins Labor!“ gedacht.

Wir sind schon gespannt, was in eurer nächsten Probe sein wird – welchen interessanten Teil der mikrobiellen Schatzkiste ihr uns sozusagen in der blauen Schachtel liefert. Wir melden uns später bei euch, wie die Schatzsuche ausging ...

Microbelix – mikrobielle Artenvielfalt im Saarland

Das Preisträger*innen-Projekt 2023-2024 „Microbelix – mikrobielle Artenvielfalt im Saarland“ untersucht gezielt Räume mit besonders hoher biologischer Diversität. Hierzu sammeln Bürger*innen im Rahmen geführter Touren Bodenproben. Mittels moderner DNA-basierter Labormethoden soll die mikrobielle Artenvielfalt sichtbar gemacht und nach neuen Bakterien gesucht werden, die beispielsweise für die Entwicklung neuer Medikamente wichtig sein könnten.