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Citizen Science in deiner Stadt

Wie geht’s weiter? Über Ziele und Zukunftspläne der Preisträger*innen-Projekte

Foto: pexels / nietjuh

Die drei Preisträger*innen-Projekte setzen seit Herbst 2023 ihre Ideen in die Tat um und gaben uns in Gesprächen Einblicke in ihre Fortschritte, erste Ergebnisse und Erfolge sowie die Herausforderungen, denen sie begegnen. Nachdem sie uns das letzte Mal erzählt haben, wie Bürger*innen motiviert und engagiert werden, werfen wir heute einen Blick in die Zukunft und schauen uns die Ziele und Pläne an. Dafür haben wir mit Daniel Krug vom Projekt Microbelix aus Saarbrücken, Christian Brinkmann vom Projekt Heimat Reloaded aus Witten und Anna Köster-Eiserfunke vom Projekt Community Health aus Hamburg gesprochen.

 

Zunächst interessieren uns die Ziele ihrer Citizen-Science-Aktionen. Christian berichtet uns von Plänen, die heimatkundlichen Objekte in einem Museum auszustellen. Aber auch digital soll etwas angeboten werden.

Christian: “Von Anfang an war geplant, mit einigen unserer Objekte in das  Märkische Museum hier in Witten zu gehen, um insbesondere vor Ort noch mehr Leute anzusprechen. Unser ehrgeiziges Ziel ist es, in diesem September diese Ausstellung zu eröffnen. Es soll eine lebende und sich dynamisch wandelnde Ausstellung werden, die sich mit der Zeit und mit weiteren, neuen und bereits bekannten Bürgerforschenden weiter entwickeln kann – und natürlich mit ihrem Gegenstand, mit Witten und seinen Bürger*innen. Parallel erfassen wir  alle erforschten Objekte in einer Online-Datenbank, sodass die Objekte überall auf der Welt sichtbar werden – und legen damit auch einen kleinen Grundstein für so etwas wie eine “online collection” der Sammlung. Ein Herzensprojekt von mir ist es noch, die Citizen Scientists zum Reden zu bringen. Also, dass sie in einem Podcast über ihr Objekt und die Forschung darüber sprechen. Das gibt dem Ganzen nochmal etwas Persönliches und hinterlässt einen längerfristigen Eindruck, denn niemand wird ins Museum laufen, sich zum Beispiel einen Kartoffeleimer anschauen und dann beeindruckt nach Hause gehen. Das Objekt wird erst mit persönlichen Entdeckungen und Geschichten wieder zum Leben erweckt!”

Bereits zum Leben erweckt sind die zahlreichen Bakterien, die bei Microbelix im Labor landen und jetzt zügig unters Mikroskop kommen. Auch bei Microbelix steht der Kontakt zu den Leuten an oberster Stelle, da sie ihren Mitforschenden auch etwas zurückliefern wollen.

Daniel: “Zunächst war unser Ziel natürlich, so viele Menschen zum Mitforschen zu motivieren wie möglich. Das wurde dann durch die Kommunikation rund um den Wettbewerb fast zum Selbstläufer. Jetzt wo wir die Bodenproben haben,  kümmern wir uns vor allem darum, den Kontakt zu den Bürgerforschenden zu halten und aussagekräftige Ergebnisse zu liefern. Die wissenschaftliche Verwertung passiert ja sowieso, aber braucht eben ihre Zeit.”

Das Hamburger Projekt Community Health wird gemeinsam von der HAW Hamburg und der Poliklinik Veddel durchgeführt. Es hat das Ziel, die Lebenssituation im Stadtteil Veddel gemeinsam mit den Bürger*innen dort zu erforschen und hat dabei eine neue Methode der Datenerhebung entwickelt.

Anna: “Ein wichtiges Format der Datenerhebung sind für uns qualitative Interviews, in denen Nachbar*innen von ihren Erfahrungen, Belastungen und Wünschen erzählen können. Die Stadtteilforscher*innen haben diese Interviews mit den Bewohner*innen geführt. Zusätzlich haben wir in sogenannten Pop-Up-Wohnzimmern Nachbar*innen einzelner Häuserblocks eingeladen. Das war auf jeden Fall ein Experiment, aber in unseren Augen hat sich das gelohnt. Die halböffentlichen “Wohnzimmer”, also in Hinterhöfen beispielsweise, bilden sozusagen eine Mischung aus Nachbarschaftstreff und Fokusgruppe. Dort sind Menschen zusammengekommen, die sonst nur schwer zu einer Fokusgruppe eingeladen werden können, sie haben von ihren Wohn-Bedingungen erzählt und auch von den Belastungen der anderen gehört. Natürlich haben die Interviews nicht auf Anhieb problemlos geklappt, aber alle Forschenden waren engagiert und vor allem mit Hinblick auf die Zukunft dabei.” 

Für diese Zukunft haben alle drei Preisträger*innen-Projekte schon konkrete Ideen. 

Anna: “Mit unseren Ergebnissen aus den Gesprächen mit den Bürger*innen gehen wir im September 2024 auf das Stadtteilfest. Dort bekommen wir mehr Sichtbarkeit und bieten eine weitere Fläche der Reflexion und des Austausches. Im nächsten Schritt wollen wir auch auf politischer Ebene Gespräche initiieren und gemeinsam schauen, wie die Lebens- und Wohnsituationen verbessert werden können. Dazu würden wir uns gerne mit anderen ähnlichen Projekten austauschen und von deren Erfahrungen lernen.”

Auch Daniel von Microbelix blickt in die Zukunft und verrät, dass sogar schon Wege eingeleitet worden sind, um das Projekt nachhaltig mit Citizen Scientists durchzuführen.

Daniel: “In unserem Projekt wollen wir einerweits der Zivilgesellschaft noch mehr Einblick in unsere Laborarbeit ermöglichen und sie daran teilhaben lassen. Andererseits möchten wir gerne herausfinden, welche Bodenarten vielleicht die wertvollsten für unsere Forschung sind. Dazu starten wir im nächsten Sommer eine Kampagne zum Probensammeln in der Nähe von Seen. Prinzipiell haben wir das beständige Ziel, mit jeder Kampagne den Prozess ein bisschen zu verfeinern und den Grad der Beteiligung nach oben zu schrauben. Wir könnten uns durchaus vorstellen, einfache Aufgaben, die wir im Labor machen, an Bürgerwissenschaftler*innen zu übergeben. Dafür planen wir gerade sogar eine Erweiterung der HIPS-Labore, sodass Bürger*innen einen eigenen Raum zu forschen bekommen! Außerdem kommen durch das Projekt auch junge Forschende wie z.B. unsere Doktorand*innen mit Wissenschaftskommunikation in Kontakt und entdecken, dass es Spaß machen kann die eigene Forschung verständlich zu erklären.”

In Witten arbeitet man daran, die Kooperationen und das Bürger*innen-Engagement nachhaltig aufrechtzuerhalten, denn Objekte zu erforschen hat man genug … “Wenn es jetzt nur um die Anzahl der Objekte geht, können wir das Spielchen noch bis 50 Jahre nach meiner Pensionierung machen”, schaut Christian zuversichtlich in die Zukunft.

Vielen Dank an Anna, Christian und Daniel für die Gespräche.

Du willst mehr darüber erfahren, wie es für die Projekte weitergeht? Soeben haben sie weitere Preisgelder für die Ausarbeitung ihrer Zukunftsideen erhalten. Mehr dazu erfährst du hier. 

Rebecca Höfer

Als Projektmanagerin unterstützt Rebecca seit März 2024 das Wettbewerbsteam in der Kommunikation. Zuvor war sie in anderen Projekten von Wissenschaft im Dialog tätig.