Auf die Plätze!

Citizen Science in deiner Stadt

Sprachlandschaften gemeinsam erforschen: Citizen Science in der Schule

Foto: RDNE Stock project / Pexels

Zur Stärkung und Verstetigung von Citizen Science im lokalen Raum wurden weitere Preisgelder an die Preisträger*innen verliehen. Gefördert werden produkt- und handlungsorientierte Ideen, die auf den bisherigen lokalen Citizen-Science-Projekten aufbauen oder diese weiterentwickeln. Das Projekt Die Sprach-Checker" gibt Einblicke.


Didaktische Materialbox zu Linguistic Landscaping für den Einsatz in der Schule 

In einer zunehmend vielfältigen und globalisierten Gesellschaft wird das Bewusstsein für sprachliche Diversität und Mehrsprachigkeit immer wichtiger. Im Rahmen des bürgerwissenschaftlichen Projekts „Die Sprach-Checker“ wurde eine Linguistic-Landscaping-Box entwickelt, mit der Lehrkräfte eine praxisnahe Möglichkeit erhalten, Schüler*innen aktiv in die Erforschung der sprachlichen Landschaften ihrer Umgebung einzubeziehen. Diese umfassende Materialbox enthält eine Lehrerhandreichung, Schülerhefte, ein Set mit Bildkarten und weiteres Begleitmaterial, das den Unterricht bereichert und zu einem Citizen-Science-Projekt der besonderen Art einlädt. Das Projekt „Die Sprach-Checker“ wurde vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim initiiert.

Sprach-Checker-Team beim Netzwerkabend des Forums Citizen Science 2024 (von links nach rechts): Heike Chan Hin (IDS), Christine Möhrs (IDS), Elena Schoppa-Briele (IDS), Janin Rössel (IDS), Corinna Braun (TransforMA)
Foto:  IDS/Christine Möhrs

Abb.1: Sprach-Checker-Team beim Netzwerkabend des Forums Citizen Science 2024 (von links nach rechts): Heike Chan Hin (IDS), Christine Möhrs (IDS), Elena Schoppa-Briele (IDS), Janin Rössel (IDS), Corinna Braun (TransforMA)

Hintergründe und Zielsetzung des Projekts „Die Sprach-Checker“

Das Projekt „Die Sprach-Checker – So sprechen wir in der Neckarstadt“ hat zum Ziel, Kinder und Jugendliche der Mannheimer Neckarstadt-West in die Welt der Sprachforschung einzuführen und mit ihnen ihren mehrsprachigen Alltag im Mannheimer Vielfaltsquartier Neckarstadt-West zu erforschen. Im ersten Förderjahr (2022-2023) wurde dieses Ziel über verschiedene Methoden umgesetzt und fand Ausdruck z.B. in der Gestaltung eines Kinderbuches mit Kindern im Grundschulalter, der Produktion von sprachbiografischen Interviews in einer Videowerkstatt mit einer 8. Klasse oder auch in einer Linguistic-Landscaping-Aktion mit einer 7. Klasse, beide von der Marie-Curie-Realschule in der Neckarstadt-West.

 Auf dem Bild ist eine Teilnehmerin bei der Feldarbeit im 1. Wettbewerbsjahr 2022-2023 zu sehen. Sie fotografiert Tags auf einer Hauswand mit einem Tablet.
Foto: IDS

Abb. 2: Feldarbeit im 1. Wettbewerbsjahr 2022-2023 

Entwicklung der didaktischen Materialbox zu Linguistic Landscaping 

Mit dem zusätzlichen Preisgeld (2024) fokussieren wir die sprachwissenschaftliche Methode Linguistic Landscaping – eine Methode, bei der die Sichtbarkeit und Gestaltung von Sprache und Schriftzeichen im öffentlichen Raum in den Blick genommen wird. Wir weiten den räumlichen Blick und haben die Idee in Form der Linguistic-Landscaping-Box so angelegt, dass diese auch über den Stadtteil Neckarstadt-West hinaus umgesetzt werden kann.

Die Box ist das Ergebnis mehrerer Etappen: von der adressatengerechten Gestaltung der Methodik für Jugendliche und einer erfolgreichen Erprobung im ersten Wettbewerbsjahr, der pädagogisch-didaktischen Ausarbeitung in der Tiefe zusammen mit der Projektmitarbeiterin Heike Chan Hin (Referentin für Bildung und Vermittlung am IDS) bis hin zur konkreten Gestaltung der Inhalte für die Box, die den Lehrplan passgenau ergänzt und sich an den Bedürfnissen junger Forscher*innen orientiert. Vorgestellt wird darin auch die App Lingscape, die zur Umsetzung eines Linguistic-Landscaping-Projektes eingesetzt werden kann. Die Materialien laden die Schüler*innen ein, gemeinsam mit ihren Lehrkräften auf eine Entdeckungsreise durch die sprachliche Vielfalt ihrer Umgebung zu gehen und dabei selbst zu Citizen Scientists zu werden.

Einblick in die Materialien

Die Box bietet eine Vielzahl von Materialien, wie u.a.:

  • Lehrerhandreichung mit Kopiervorlagen und zahlreichen Methodenbeschreibungen, die den Themenschwerpunkt „Sprache / Mehrsprachigkeit / Vielfalt“ facettenreich für Lehrkräfte darstellen und didaktische Anregungen liefern,
  • Forschungshefte für Schüler*innen, die eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur App-Nutzung, Fototipps und Platz für Notizen bieten,
  • Bildkartenset mit zahlreichen Motiven von sprachlichen Spuren aus der Umgebung Mannheims und darüber hinaus, die zur Auseinandersetzung mit sprachlichen Spuren im öffentlichen Raum anregen und vorbereiten sollen und vielfältig einsetzbar sind, 
  • (blanko) Plakate zur Visualisierung der Projektergebnisse, 
  • kleine Projekt-Souvenirs (wie z.B. Aufkleber und eine gestaltete Stofftasche.

Auf dem Bild sitzen zwei Personen an einem Schreibtisch und diskutieren. Auf dem Tisch sind mehrere Bildschirme und Ausdrucke von Graffitis.
Foto: IDS

Abb. 3: Auswahl der Bilder vom Bildkartenset durch Dr. Rahaf Farag (wissenschaftliche Mitarbeiterin und Mehrsprachigkeitsexpertin) und Valentina Dotzert (studentische Hilfskraft im Lehramtsstudium) 
 

Das Materialpaket ermöglicht es den Schüler*innen, sprachliche Spuren im öffentlichen Raum zu sammeln, zu kategorisieren und auszuwerten und so Teil der internationalen Forschungscommunity zu werden.

Was ist Linguistic Landscaping?

Linguistic Landscaping ist eine Methode, die sich an der Schnittstelle von Sprachwissenschaft, Soziologie und Geografie bewegt. Durch das systematische Sammeln und Analysieren von Sprachspuren – von Straßennamen und Ladenschildern bis hin zu Graffitis und Aufklebern – gewinnen die Lernenden Einblicke in die kulturelle und sprachliche Vielfalt ihres Umfelds. Die Methode fördert zudem das kritische Denken und die Fähigkeit, gesellschaftliche Dynamiken im öffentlichen Raum zu erkennen. Die App Lingscape spielt dabei eine zentrale Rolle, da sie als Citizen-Science-Werkzeug dient, um die Daten in eine globale Sammlung hochzuladen. So tragen die Schüler*innen aktiv zur Forschung bei und lernen dabei, die Sprache(n) in ihrer Umwelt aus einer neuen Perspektive zu betrachten.

Auf dem Bild ist ein Auszug aus dem Forschungsheft zur App Lingscape zu sehen. Schrift: Anmeldung zum Projekt "Die Sprach-Checker".
Bild: IDS

Abb. 4: Auszug aus dem Forschungsheft (Erläuterung zur App Lingscape) 

Mehrwert durch Citizen Science

Die Linguistic-Landscaping-Box nutzt den Citizen-Science-Ansatz, bei dem Schüler*innen als Bürgerwissenschaftler*innen Teil eines größeren Forschungsprojekts werden. Sie sammeln und dokumentieren Daten, die in wissenschaftlichen Projekten ausgewertet und genutzt werden können. Dieses aktive Mitwirken an echter Forschung vermittelt Schüler*innen ein besseres Verständnis für wissenschaftliches Arbeiten und schult gleichzeitig Kompetenzen wie Teamarbeit, kritisches Denken und Datenanalyse. Die Verbindung von Theorie und Praxis stärkt nicht nur das Interesse an wissenschaftlicher Forschung, sondern eröffnet den Schüler*innen auch einen neuen Zugang zur eigenen Lebensumwelt.

Einbindung in den Unterricht

Die Materialien der Box sind so gestaltet, dass sie in verschiedenen Fächern und Klassenstufen (Fokus: 7./8. Klasse) zum Einsatz kommen können. Der Einsatz reicht vom regulären Unterricht, über Projekttage oder Projektwochen bis hin zu fächerübergreifendem Unterricht. Die Box passt zum Beispiel hervorragend in den Deutschunterricht, kann aber ebenso gut im Geografie-, Kunst- oder Gemeinschaftskundeunterricht integriert werden. Je nach Fragestellung können die Lernenden ihre eigenen Viertel oder andere bedeutungsvolle Orte erforschen und dabei ihre Umgebung aus einer neuen, sprachwissenschaftlichen Perspektive kennenlernen.

Fazit: Einblicke in die Welt der Sprachen und Schriftzeichen

Die Linguistic-Landscaping-Box bietet Lehrkräften ein gut strukturiertes, praxistaugliches und zielgruppenorientiertes Werkzeug, um die Schüler*innen für Mehrsprachigkeit und kulturelle Vielfalt zu sensibilisieren. Das Citizen-Science-Format ermöglicht es den Schüler*innen, nicht nur das Thema Sprache und Raum besser zu verstehen, sondern auch zu erfahren, wie wichtig ihre eigenen Beiträge zur wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung sein können. Mit dieser Box wird der öffentliche Raum zum Klassenzimmer – und die Schüler*innen zu Forscher*innen, die ihre eigene Lebenswelt neu entdecken.

Abb.: Linguistic-Landscaping-Box „Gemeinsam Sprachlandschaften erforschen“ (Bildnachweis: IDS)

Abb. 5: Linguistic-Landscaping-Box „Gemeinsam Sprachlandschaften erforschen“ (Bildnachweis: IDS)
 

Das Team freut sich darauf, Sprachwissenschaften und Citizen Science weiter an die Schulen zu bringen und ist gespannt auf die Ergebnisse! 

Auf die Plätze – fertig – Sprach-Checker!

Die Sprach-Checker - So sprechen wir in der Neckarstadt

In dem Preisträger-Projekts 2022-2023 können Kinder und Jugendliche aus dem Vielfaltsquartier Neckarstadt-West in Mannheim als Sprach-Checker gemeinsam mit Sprachforschenden ihre individuelle Sprache(n) und die Sprache(n) in ihrer direkten Umgebung neu entdecken. In dem Dialog auf Augenhöhe können Fragen der Kinder und Jugendlichen thematisiert werden, die für sie in ihrem Leben mit und in verschiedenen Sprachen wichtig sind. Forschende erfahren so mehr über die mehrsprachige Wirklichkeit in der Stadtgesellschaft.